Beryl Markham

am 5. September 1936 absolviert Beryl Markham den ersten Alleinflug über den Atlantik von Osten nach Westen. Obwohl sie eine Not-Bruchlandung in Neuschottland absolvieren muss, wird diese Atlantiküberquerung als erster Nonstop-Flug von England nach Amerika anerkannt. Sie ist die erste Frau, die den Atlantik im Flugzeug überquert hat.

Sorge – Frost

Die Sorge um die kleinen zarten Pflänzchen lassen sie noch weitere Wochen auf dem Fensterbrett in der Wohnung gedeihen. Erst wenn der letzte Frost vorüber ist, dürfen sie nach draußen.

Der Frust darüber, dass die Sorte Pflänzchen nicht winterhart ist, endet in einem Experiment. Einen Teil der Setzlinge verbinge ich schon in die Erde. Ich werde den Wetterbericht ignorieren und mich von ihrer Widerstandskraft überraschen lassen. Die zärtelnden Nachzügler kommen ab Mitte Mai in den Boden.

Katze – Netto

Katzen würden Whiskas kaufen…

…heißt das, sie können lesen? Dann ist auch das Nettogewicht des Inhalts einer Katzenfutterdose für sie kein Geheimnis. Wenn ich sie mitnähme in den Supermarkt, wie sonst würden sie die Whiskasdosen von den anderen unterscheiden? Vielleicht an der Farbe, die sind ja alle so magentafarben…obwohl ich gelesen habe, Katzen können Rottöne schlecht wahrnehmen und haben ein Faible für Blau… also lesen, am besten in blauer Schrift.

Wenn meine Katzen lesen könnten, dann würden sie erkennen, dass das Nettogewicht in der Whiskasdose 400 gr. beträgt. Der Inhalt des no-name Futters im gleichen Regal ist mit 415 gr. angegeben.

Wenn meine Katzen lesen könnten, so verfressen wie sie sind…

31. Januar 2022

Auf ein Bier mit Horst

Hippies

Soso, wir sind also an der ganzen Misere Schuld.
Dieter und ich sitzen uns an meinem Tisch gegenüber und können es nicht fassen. Gefühlt sitzen wir schon seit dem 20. Januar in Schockstarre, seit wir gelesen haben, wie der ehemahlige Papst Benedikt XVI sich über den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche geäußert hat. Schon im April 2019 hat er einen Aufsatz dazu im bayrischen Klerusblatt verfasst. Dass damals kein Aufschrei durch die Repuplik gegangen ist, hat bestimmt damit damit zu tun, dass den Lesern dieses Blattes nichts Ungeheuerliches aufgefallen ist. Die pauschale Anschuldigung an die 68er Generation, sie habe mit ihrer Einstellung zur Sexualität den Nährboden geschaffen für sexualisierten Missbrauch, muss man sich auf der Zunge zergehen lassen…wenn es nicht diesen Würgereiz auslösen würde…so hat für Joseph Ratzinger die Propagierung der „völlige[n] sexuelle[n] Freiheit, die keine Normen mehr zuließ“, die Pädophilie begünstigt und salonfähig gemacht. Auch der Staat hat sich schuldig gemacht, weil er begonnen hat sexuelle Aufklärung an den Schulen zu leisten.
?
Wahrscheinlich hat er damit das ausgesprochen, was einige tatsächlich denken. Ich halte es dann eher mit Margarete Stochowski „Untenrum frei“ ist auch nicht einfach…, aber immerhin selbstbestimmtes Erleben und Erleiden.
Die Kirche als Opfer der Umstände, die gegen den Teufel in ihrer Mitte nichts auszurichten weiß. Wer sonst, wenn nicht die Kirche sollte sich dem Teufel entgegenstellen? Darum wird man doch Mitglied in dem Verein, damit er einen vor Bösem schützt und dabei hilft, den vielen Versuchungen zu widerstehen. Und jetzt das! Die Kirche ist nicht besser als die anderen, sondern im Gegenteil, sie handelt besonders verwerflich, da sie den Anspruch hegt, über Recht und Moral erhaben zu sein. Worüber wir auch noch gar nicht gesprochen haben sind die vergewaltigten Nonnen, die von Patres geschwängert werden und dann leider den Orden verlassen müssen…und die Oberinnen kassieren dafür Geld, dass sie ihre Mitschwestern den Ordensbrüdern zuführen…Brüder und Schwestern, die Heilige Familie…
Aber das Thema ist natürlich viel größer, der Missbrauch geschieht überall dort, wo die hierarschichen Gefüge es erlauben, in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Chor, auf Ferienfreizeiten, in der Kirche…

Böse Bilder tauchen in meinem Kopf auf, von Gläubigen, die ihren Kirchenaustritt dem Kardinal in den verfickten Arsch schieben, dass der durch die Masse so zerfleddert, wie die Geschlechtsteile der Kinder, die in ihren Erzählungen von grausamen Übergriffen auf ihre Körper berichten…
Dieter schaut mich an.
Soviel können wir gar nicht trinken, damit sich das gut anfühlt. Aber haben Sie noch ein Bier? Wenn meine Mutter wüsste, dass sie mit ihrer Einstellung zur Sexualität den moralischen Verfall der Kirche mitzuverantworten hat, sie würde sich im Grab umdrehen.
Ich stellle zwei Flaschen Bier auf den Tisch und öffne sie.
Wie meinen Sie das ? War Ihre Mutter nicht verheiratet und hat in den Augen der Kirche ein anstandsloses Leben geführt?
Neugierig betrachte ich meinen Nachbarn. Von seinen Eltern hat er noch nie gesprochen. Wir kennen uns eigentlich gar nicht, fällt mir da mal wieder auf. Unser Kontakt kam über Horst zustande, der gerne in meinem Vorgarten sein Geschäft erledigt, worüber Dieter und ich uns dann kennengelernt haben. Über die Frage, wie man dieses Problem lösen kann. Anfangs war ich doch empört, obwohl Dieter natürlich die Hinterlassenschaften von Horst immer fein säuberlich entfernt hat. Erzieherisch einwirken hat nicht funktioniert. Er könnte ihn auch eng an der Leine an meinem Garten vorbeiführen, aber irgendwie fasziniert es mich, dass Horst ausgerechnet bei mir den Drang verspürt, sich zu entleeren. So ist es wie von Anfang an, seit Dieter und Horst in der Nachbarschaft wohnen. Horst macht sein Geschäft in meinem Garten, jetzt aber mit meiner Erlaubnis. Dieter bringt das dann wieder in Ordnung und beide statten mir einen Besuch ab. Ich schaue was der Hund macht. Er liegt schlafend zu Dieters Füßen. Beneidenswert so eine Hundewelt. Zumindest hier. Schlafen, Gassi gehen, fressen…
Mitterweile hat Dieter das Bier eingeschenkt. Die Schaumkrone sitzt perfekt im Glas.
Prost.
Wir stoßen an. Dieter wischt sich den Schaum von der Oberlippe.
Ja, meine Mutter war verheiratet. Hat drei Kinder bekommen. Ich denke, meine Eltern haben eine sogenannte glückliche Ehe geführt. Ihr Geheimnis war aber nicht, dass sie sich misstrauisch in ihre Schranken gewiesen haben, sondern dass sie offen und neugierig waren für das, was sie brauchten von dem, was das Leben ihnen bot und wie sie es miteinander in Einklang bringen konnten. Oberstes Gebot war die Erhaltung der Ehe bzw. der Beziehung. Die Ehe war in erster Linie ein Konstrukt zur Absicherung meiner Mutter und der Kinder, sollte Dad etwas passieren…ihre Beziehung dagegen war ein lebendiges Gefüge, das permanent in Bewegung war. Viel weiß ich nicht über ihr Verhältnis, aber meine Mutter hat, nachdem mein Vater gestorben war, das ein oder andere verraten. Beim Ausmisten des Hauses nach Vaters Tod ist sie mit vielen Erinnerungen konfrontiert worden, die sie teilweise dann auch mitgeteilt hat…Es gab den sogenannten Ehebruch auf beiden Seiten, längere Parallelbeziehungen, aber das Bekenntnis zueinander war stärker, sie haben immer gerungen…ich denke das ist der richtige Weg…
Beeindruckt lausche ich Dieters Erzählung. Und frage mich das erste Mal, ob er eigentlich eine Beziehung führt. Außer zu Horst.
Wow, sehr fortschrittlich das Miteinander Ihrer Eltern. Haben Sie davon profitiert?
Horst legt die Stirn in Falten.
Ja und nein würde ich sagen. Jeder ist seines Glückes Schmied, so sehe ich das. Aber ich erzähle Ihnen gerne mehr über mein Leben und meine Lieben. Haben Sie Lust auf einen Spaziergang? Um 13:00 Uhr gibt es eine Mahnwache vor dem Dom als Solidaritätsbekundung mit den Opfern sexueller Gewalt durch Kirchenbedienstete. Im Namen des Herren. Da passiert ja so einiges…Auf dem Weg dorthin berichte ich Ihnen von meinem Werdegang...
Super Idee. Ich komme gerne mit.
Als ich die frische Luft an meiner Haut spüre, fühle ich mich direkt besser. Ich gönne Joseph Ratzinger und allen anderen Fehlgeleiteten in der katholischen Kirche dieses Gefühl nicht. Will nicht, dass sie durch die Natur erquickt weiter durchs Leben schreiten. Will, dass immer Rauch und Flammen des Fegefeuers sie umgeben und martern als ständige Qual.


18. August 2020

Auf ein Bier mit Horst
Mache das Allerbeste aus jedem Monster

Das ‚Monster von Bergisch-Gladbach‘ titelt die Boulevardzeitung heute, nachdem gestern bei dem Prozessauftakt vor dem Kölner Landgericht die über einstündige Anklageschrift verlesen worden ist.
Dieter sitzt mir im Schlafanzug am Küchentisch gegenüber. Gestern kam er vorbei, um mit mir die Nachrichten online zu verfolgen. Mittags gab es die ersten erschütternden Meldungen aus dem Gerichtssaal. Wir lasen mit Entsetzen, dass der Angeklagte vor allem seine erst einige Monate alte Tochter schwer missbraucht hat. Bis zu dem Zeitpunkt seiner Entdeckung immer wieder, da war das Kind zwei Jahre alt. Gefilmt hat er die meisten Taten, um sie an Gleichgesinnte zu verschicken. Außerdem hat er sich mit einem Chat-Partner zum gemeinsamen Missbrauch der eigenen Kinder in einer Hotelsuite mit Whirlpool und Sauna getroffen.

In meinem Haus hielten wir es nicht aus. Wir haben Horst angeleint und sind zu einem langen Spaziergang aufgebrochen. Der Weg führte uns durch viele Wohnstraßen über Parkanlagen an den Rhein. Wir stolperten am Ufer entlang. Dieter warf Stöckchen, die als Treibgut angeschwemmt wurden.

Obwohl wir mit der Institution der katholischen Kirche auf Kriegsfuß stehen, lenkten wir unsere Schritte in das Gotteshaus. Wir stellten 79 Kerzen auf, für jede Tat eine. Ich weiß nicht, ob wir sie damit ungeschehen machen wollten, aber es hat uns geholfen, damit klarzukommen. Ich habe mich in die Bank gekniet und ein ernstes Zwiegespräch mit der Mutter Gottes geführt. Ich habe eindringlich darauf hingewiesen, dass wir die vielen Lichter nicht zu ihren Ehren aufgestellt haben. In meinen Augen macht sie nämlich keinen guten Job als Schutzpatronin der gesamten Christenheit. Nicht nur in dem Fall Bergisch-Gladbach, die Liste ist lang… Vielleicht ist sie einfach überfordert, wie wir alle.

Wo eine Kiche, da ist auch das Wirtshaus nicht weit. Zum Glück war das Wetter gut, wir setzten uns in den Biergarten. Horst bekam eine Wasserschüssel, wir bestellten Bier.  Wir blieben bis zur Sperrstunde, wollten nicht zurück zur online Berichterstattung. Der Alkohol half bis zu einem bestimmten Punkt, wir hatten auch richtig lustige Momente. Als wir dann gehen mussten, hakte ich mich auf dem Nachhauseweg bei Dieter unter. Ich nahm das erste Mal den sehr schwachen Geruch seines After Shaves war, oder vielleicht waren es doch nur die Ausdünstungen des erheblichen Alkohlkonsums. Mir gefiel es auf jeden Fall und ich schmiegte mich sanft an seine Seite.

Vor meiner Haustür angekommen, wollte ich ihn nicht gehen lassen.
„Wenn ich Ihnen verspreche, dass ich den Laptop nicht mehr anmache, kommen Sie dann noch auf einen Absacker mit rein?“
Dieter runzelte die Stirn und guckte zu Horst: „Man darf einer Dame nichts abschlagen, das habe ich dir auch beigebracht. Deswegen…“ und er wandte sich wieder an mich „Gerne. Ein Wasser für Horst und für mich einen von Ihren hervorragenden Schnäpsen, wenn es recht ist.“  Ich zog die beiden an der Jacke und an der Hundeleine ins Haus.
Gemeinsam trinken ist doch wirklich so viel besser. Vor allen Dingen, wenn man nicht mehr gehen muss, wenn man nicht mehr gehen kann. Ich bot Dieter mein bequemes Gästebett an, gab ihm einen von meinen Schlafanzügen und überlies die beiden der verdienten Ruhe. Dank des kontinuierlichen Trinkens fiel ich schnell in den Schlaf, der allerdings, ebenfalls dank des kontinuierlichen Trinkens, unruhig war und mich des öfteren wachmachte. Die Kopfschmerzen, die sich allmählich einstellten, nahm ich als Buße. Für die Menschheit und ihre Sünden im Allgemeinen und für meine Sauferei am vorherigen Abend im Besonderen.
Früh traf ich Dieter in der Küche. „Suchen Sie etwas? Schmerztabletten? Soll ich Tee oder Kaffee machen?“ In meinem Schlafanzug aus dunkelblauem Satin sah Dieter zwar blass, aber durchaus angezogen aus. „Tee wäre wunderbar. Ich bin kurz mit Horst vor der Tür.“ Ich entschied mich für eine ayurvedische basische Kräuterteemischung, deren Tags an den Beuteln den Tag bereitete: Nichts ist so überzeugend wie ein Lächeln und Suche nach dem Allerbesten in jeder Situation.

Dieter bringt von seiner kleinen Hunderunde, die er wirklich problemlos in meinem Schlafanzug absolvieren konnte, die Zeitung aus dem Kasten mit.

Da ist es wieder, das ‚Monster von Bergisch-Gladbach‘. Dieter sitzt mir im Schlafanzug am Küchentisch gegenüber. Wir trinken Tee. Wir lächeln uns an.

6. Juni 2020

 

Auf ein Bier mit Horst

Austritt aus den Männern

 

Was soll ich denn machen?

Dieter sitzt vor einem Bier an meinem Küchentisch. Vor uns liegt die Zeitung mit der schrecklichen Meldung „Schwerer Mißbrauchsfall in Münster – Unfassbare Bilder“.

Aus der Kirche bin ich doch schon ausgetreten, längst bevor die krassen Mißbrauchsvorwürfe die Menschen erschütterten. Die Menschen wohlgemerkt, nicht die Kirche, die tut sich nach wie vor schwer, angemessen mit den Vorwürfen umzugehen.

Jetzt das. Lügde, Bergisch-Gladbach und Münster. Normale Männer, die schweren Kindesmißbrauch begehen. Über Jahre, zur eigenen Befriedigung und um damit Geld zu verdienen. Das bei diesen Aktionen hergestellte Kinderpornografische Material wird über das Dark Net verbreitet und bedient eine anscheinend riesengroße Menge an Männern, die sich auf sowas einen runterholen.

Ich weiß nicht was ich sagen soll. Mich erschüttert das auch. Tatsächlich beschäftigt mich die Frage, ob in nahezu jedem Mann solche Gelüste angelegt sind. Manche sich im Griff haben, aber manche auch nicht.
Mein selbstgemachter Holundersekt scheint mir  nicht weiter passend zu dem Anlass, ich trinke jetzt kräftigen Chardonnay aus Südtirol. Dieters leere Bierflasche habe ich durch eine volle ersetzt, Horst habe ich neben den Teller mit Wasser eine Knabberstange gelegt, die ich beim letzten Einkauf erstanden habe, da ich ihm mehr als nur Wasser anbieten mag.

Ich kann aber doch nicht aus der Männerliga aussteigen. Aufhören zu den Männern zu gehören. Was hätte ich für Alternativen? Egal, welche sexuelle Orientierung ich wähle, mein biologisches Geschlecht bleibt davon unberührt. Und umoperieren zur einer Frau? Was hätte ich gewonnen? Da gibts andere Schattenseiten. Ganz abgesehen davon, ich stehe auf Frauen, da ändert sich nix mehr. Horst, was hast du denn da gefunden? Gib‘ das sofort her. Frau Nachbarin, ich glaube, Horst hat was angeknabbert.

Ich finde es rührend, welche Gedanken Dieter sich macht. Er ist nicht die Sorte Mann, weswegen ich mir Sorgen mache. Zum Glück begegne ich täglich Männern, die mir deutlich machen, dass die Täter in der Minderheit sind. Aber wenn über sie berichtet wird, breitet sich das Thema so massiv in meinen Gedanken aus, dass ich für einen Moment nur noch das sehen und denken kann. Ähnlich beim Einkauf, wo ich, umgeben von Maskentragenden Mitmenschen, permanent an Corona denke, obwohl es mehr Menschen gibt die nicht darn erkrankt sind, als andersherum

Dieter, Horst ist der liebste Hund der Welt. Ich habe ihm heute zu seinem Wasser etwas zu knabbern gereicht. Er ist immer so brav. Aber ich hätte Sie natürlich fragen müssen.

Mir wird heiß und ich werde leicht rot.

Entschuldigen Sie. Darf er es denn haben?

Ich bin schon an dem Mülleimer und studiere auf der weggeworfenen Packung die Inhaltsstoffe.  Die Stange besteht nur aus getrockneter Pferdekopfhaut.

Alles nur Pferd. Ist das in Ordnung?

Dieter zuckt mit den Schultern.

Horst scheint’s zu schmecken. Nicht? sagt er und tätschelt seinem Hund den Kopf.

Man weiß ja heutzutage bei garnichts mehr, ob das noch in Ordnung ist. Wir treten in ein neues Zeitalter ein. Darf ich Filme von Woody Alllen noch gut finden? Muss man wirklich Grimms Märchen kindgerecht umschreiben und wird beim bösen Friederich im  Struwelpeter der häuslichen Gewalt zu wenig entgegengesetzt?
Weiß ich, ob das Pferd gut behandelt wurde, auf dessen Haut Horst gerade rumkaut?

Aber das mit den pädophilen Männern, da weiß ich, dass das nicht in Ordnung ist. was kann man nur tun?

Gucken Sie mal hier, was auch in der Zeitung steht. Heute ist eine Demo gegen Rassismus. Angemeldet von einer Privatperson. es werden etwa 500 Teilnehmer erwartet.
Wir gehen da hin und hören uns um, wie das geht, eine Demo anmelden. Und dann machen wir auch eine Demonstration gegen sexuellen Missbrauch .

Dieter schaut mich zweifelnd an.

Vielleicht besser als fassungslos hier rumzusitzen. Dürfen Hunde mit auf Demos? Das ist für mich und Horst das erste Mal.

Ich zucke mit den Schultern. Ich bin auch kein Profi. Wir trinken aus und machen uns auf den Weg.

 

 

Tandem # Schmuckstück der Melusine

 

 

 

Schmuckstück der Melusine

[für Antje gefischt]

Meeresgrüne Perlen

in Metallgitter geknüpft

Seemannsgarn fürs Handgelenk

verfangen

ertrinken

prustend wieder auftauchen

nach dem Bad in der Krummen Lanke

löst du das Schilfrohr

aus der durchscheinenden Häkelstruktur

und schreibst

 

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ABGESCHOSSEN
Der innere Schweinehund frisst alles.
So flugs, noch ehe es vor
Die Sau gefallen.

 

Neuerscheinung

In der Alltags Kakophonie abheben soll sie
Die Edle
Bausteinweise
Diese Gestalt jene Netzhäute streifen
Streicheln umschmeicheln
Form und Strukturamazone im bitteren Reich der
Wahl und Bewustlosigkeit als
Perle für die Wesentliche
Die haushoch darüber blickt weil
Weder Panzer noch Ketten
Hemd geschützt durch Lässigkeit im Lockstoff
Gewebe der Kassandra
So sei umärmelt zeit und schwerelos mit Kraft
Beflügelt vom Dunkel und Lichten
In jeder Pore Deines Seins

Tageblog 1. Oktober 2019

1. Oktober 2018 – Der Internationale Gerichtshof in Den Haag weist Boliviens
Forderung nach einem eigenen Zugang zum Meer durch chilenisches Gebiet zurück und beendet damit einen über 100 Jahre währenden Grenzstreit zwischen den beiden südamerikanischen Ländern.

 

Grenzfall       

Ich lasse mir in der Bibliothek den Atlas vorlegen und schlage das Inhaltsverzeichnis auf. Diesmal suche ich Südamerika. Ich blättere auf Seite 92 und betrachte die Karte mit dem lateinamerikanischen Kontinent. Ich kann mich nur schwer entscheiden. Die Farben gefallen mir alle gut. Ich schwanke zwischen dem Lila Perus und dem Hellblau von Paraguay. Dazwischen liegt in rosa: Bolivien. Ich frage nach einem Blatt Papier und einem Bleistift und  ziehe die Landesgrenzen aller drei Länder nach. Die Farben denke ich mir dazu und trage alles innerhalb der Umrisslinien ein, was mir zu Farbe, Form und Name einfällt.
Peru. Lila, kalt, Berge, Azteken, Folklore, Wasser, blau, bunt, braune Menschen, schwarze Haare, Maya, dünne Luft.
Tina – ist das nicht prima
Was für ein Klima;
Haben wir hier schlechtes Klima
Fahren wir sofort nach Lima.
Paraguay. Hellblau, Uruguay, Fußball, Asunción, Roque Santa Cruz, para ara.
Bolivien. Rosa, in der Mitte La Paz eingeschlossen, oliv.
In der Tageszeitung entdecke ich Nachrichten aus den drei Ländern:
Schwangere Zehnjährige in Paraguay – in Paraguay soll ein Mann seine zehnjährige Stieftochter vergewaltigt haben. Eine Abtreibung wird ihr in dem streng konservativen Land aber verboten.
Bolivien will zurück ans Meer – seit 136 Jahren trauert Bolivien um seine Pazifikküste. 1879 verlor Bolivien im Krieg gegen Chile 120.000m2 Land und den Zugang zum Meer. Zum wiederholten Male geht Bolivien vor Gericht. Der Gerichtshof in Den Haag soll nun klären, ob Chile wieder Land abgeben muss.
Soldaten sollen Gewalt bei Minen-Protesten stoppen – die peruanische Regierung hat Soldaten in ein Tal an der Südküste des Landes geschickt, in dem Proteste gegen eine geplante Kupfermine in Gewalt umgeschlagen sind.
Bolivien ist mein Favorit. Rosa und keine beängstigende Schlagzeile. Das Land ist mit seiner Identität beschäftigt. Es versucht, ein Trauma zu verarbeiten. Vielleicht würde es ihm sogar gelingen, die alten Zustände wieder herzustellen und einen Zugang zum Meer zu erhalten. Eingehend betrachte ich die Landkarte. Ich fahre mit dem Finger die Grenze entlang. Dabei bleibt mein Finger nicht immer auf der Grenze, sondern rutscht ab und zu in das Landesinnere. Die rosa Farbe wird von meiner Haut aufgenommen. Erst ist es nur der rechte Zeigefinger, dann die anderen Finger, die Handfläche, der Arm. Sowohl mein Körper als auch meine Kleidung haben die Farbe von Bolivien angenommen. Ich versuche mit meinem Körper das Land abzubilden. Ich lege mich auf den Boden in der Form von Bolivien. Dabei spüre ich, wie gut es tun würde, wenn der Zugang zum Meer wieder gegeben wäre. Ich atme tief durch und schiebe mein Bein über die chilenische Grenze zum Pazifik.

 

Enttäuscht nehme ich mein Bein wieder zurück. Ich stehe auf und gehe duschen. Mit dem rosa Wasser im Abfluss entschwindet auch meine Hoffnung auf Meerblick in Bolivien.