Tageblog 20. August 2016

20. August  nationaler Gedenktag in Osttimor anläßlich der Gründung der FALINTIL 1975

 

Keine Katze namens Karl

Meine Tante wohnt mit fünf Katzen in ihrem Haus am Ende der Straße. Auch die Katzen aus den umliegenden Häusern halten sich gerne bei Tante Inge auf, sie hat für jede von ihnen ein nettes Wort und ein leckeres Häppchen. Meiner Tante sind alle Katzen heilig. So wie in Osttimor, darum nennen wir das Haus Dili, nach der Hauptstadt Osttimors. Für mich ist Dili der großartigste Platz auf der Welt. Am liebsten verbringe ich die Ferien dort. Mama findet ihre Schwester etwas seltsam, darum lässt sie mich ungern  längere Zeit dort. Weil sie aber mit ihrem Leben seit Papa weg ist nicht so gut klar kommt, ist sie über eine Zeit ohne mich ganz dankbar und lässt mich ziehen. Meinen Freundinnen erzähle ich viel von meiner Katzen-Tante  aus Dili. Für sie hat Tante Inge einen Mann aus Osttimor geheiratet und lebt dort schon viele Jahre. Auch dass Katzen dort heilig sind und man selbst und die Familie für 5 Generationen verflucht ist, wenn man eine Katze tötet wissen Sabine und Carola. Sie sind immer ganz neidisch wenn ich erzähle, dass ich wieder meine Tante im Katzenhaus besuche.
Jetzt bin ich also da. Tante Inge hat mich von der Bushaltestelle abgeholt. Wir fahren jetzt noch beim Bauern vorbei. Bei dem bekommt sie, wenn geschlachtet wird, Fleischreste. Die dreht sie zu Hause durch den Fleischwolf und die Futterportionen friert sie ein.So hat sie den ganzen Gefrierschrank voll mit Katzenfutter. Da passt nicht noch eine Aufbackpizza rein. Der Bauer hat Besuch von seinem Neffen. Clara, das ist Hans sagt Tante Inge, als wir über den Hof gehen. Hallo. Hi. Mehr gibt es erstmal nicht zu sagen zwischen uns. Ich habe Hans und seinen Onkel für heute Abend zum Essen eingeladen. Da sind wir nicht so alleine. Dem Pizzateig habe ich schon angesetzt. Den Salat nehmen wir aus dem Garten. Was meinst du? Meine Tante behandelt mich immer als wäre ich erwachsen. Dabei bin ich  erst letzten Monat vierzehn geworden. Endlich in Dili angekommen, widme ich mich den Katzen. Black & White sind ein Brüderpaar, die am längsten in Dili wohnen. Sie sind nicht weiß und schwarz, sondern beide getigert. Sie bekamen ihre Namen als Tante Inge so furchtbar gern Whiskey trank, und die Sorte schmeckte ihr da am besten. Der Name Kleiner Feigling stammt auch noch aus der Zeit, in der sie zuviel trank. Dann interessierte sie sich mehr fürs rauchen. Sowohl Zigaretten als auch Haschisch. Zwei Katzen, die mittlerweile aber schon tot sind, hießen Roter Libanese und Lord extra. Vollkommen verfallen ist Tante Inge dem japanischen Kino und neuerdings hat sie das Seriengucken entdeckt. Isuzu, Captain America und BigBang lungern auf der Terrasse rum. Captain America heißt eigentlich Tom und wohnt gegenüber bei Familie Scheuer. Tante Inge macht sich einen Spaß daraus, die fremden Katzen mit ihren eigen Namen zu schmücken, obwohl sie in der Regel weiß, auf welchen Namen die Katzen hören. Wenn ich da bin darf ich mich auch an dem Spiel beteiligen. Das macht mächtig Spaß. Auf meinen Mist gewachsen sind die Namen Schneewittchen, Maulende Myrte (und nicht weil sie in der Kloschüssel wohnt!)  und Dr. Shepered.
Heute Abend also Besuch zum Essen. Das ist neu. Sonst war ich mit Tante Inge immer alleine. Pizza gibt’s. Die macht sie wirklich prima. Meine Lieblingsvariante ist mit Schinken, Pilzen, Brokkoli und extra Käse. Oh, hast du keinen Schinken mehr, oder warum ist auf meiner Pizza nur Brokkoli und Pilze? Nein, ich habe überhaupt keinen Schinken mehr. Der Käse ist auch kein richtiger Käse, sondern eine vegane Variante. Habe ich dir gar nicht erzählt, dass ich jetzt Veganerin bin? Hihi, darum habe ich auch Karl und Hans eingeladen, damit die Tierbauern auf den Geschmack kommen und Getreide oder Gemüse anbauen. Außerdem, hast du mal gesehen wie Karl aussieht? Der ist noch ganz schön knackig. Könnte mir gefallen. Und jetzt tue mir den Gefallen und decke den Tisch.
Ich füttere erst mal Black & White mit veganem Käse. Sie schnurren und wollen mehr. Hans kommt bestimmt mit, damit ich mich nicht langweile, während sie sich an Karl ranmacht. Vielleicht ist das nach trinken, rauchen, Serien gucken ihr nächstes Laster? Männer. Das kann ja was werden. Dann kriegen die Katzen die Namen ihrer Liebhaber.
Sieben Uhr. Die Gäste sind pünktlich. Tante Inge drückt Karl direkt ein Bier in die Hand, für uns gibt es wahlweise Cola oder Apfelsaftschorle. Die beiden setzen sich auf die Terrasse, Hans und ich schlendern im Garten rum. Ich frage ihn ob er auch Katzen mag. Klar. Ich liebe Katzen. Aber mir ist da mal was passiert. Stell‘ dir vor, ich bin mit dem Mähdrescher zu Hause übers Feld gefahren, da hatte eine Katze im Weizen ihre Jungen geworfen. Ich habe sie dann geschreddert. Die Katze war gerade auf Mäusefang, als sie zurückkam war -zadong- die KInderstube platt. Echt krass, oder? Ich gucke ihn an und kann nichts mehr sagen. Alle Katzen Osttimors klingeln in meinen Ohren. Für wieviel Jahrhunderte die Familie verflucht ist, kann ich gar nicht ausrechnen. Ich muss Tante Inge warnen. Keine Katze namens Karl.

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