Tageblog 8. November 2016

8. November internationaler Tag der Putzfrau
lucia-berlin

erst einmal ein sehr zu empfehlendes Buch. Kurzgeschichten einer wahren Meisterin. Unbedingt lesen. Auch wenn man keine Putzfrau ist.

8. November 2011 – Archäologen finden auf der Schwäbischen Alb die ältesten bis dahin bekannten Überreste von Malerei in Mitteleuropa. Die vier bemalten Steine aus der Höhle „Hohler Fels“ bei Schelklingen sollen rund 15 000 Jahre alt sein.

97px-original_venus_vom_hohlefels_20150118           Venus von Hohefels  Von Thilo Parg – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=40890787

lwenmensch  Löwenmensch

wasservogel  Wasservogel

http://www.museum-schelklingen.de/der-hohle-fels

8. November 1991 – Im Ostberliner Stadtteil Friedrichshain wird mit dem Abriss des Lenin-Denkmals begonnen.

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toms-ancitis.com

8. November 2001 – Zum Schutz misshandelter Frauen vor häuslicher Gewalt verabschiedet der Bundestag einen Gesetzentwurf, durch den gewalttätige Männer mit Hausverbot belegt werden können.

Janina Venus

Janina guckt aus dem Fenster. Sie fährt mit dem 142er Bus am Leninplatz vorbei. Der Platz ist abgesperrt. Das Lenin Denkmal wird demontiert. Über 190 Teile werden im Laufe der nächsten acht Tage abtransportiert und im märkischen Sand bei Muggelheim eine Ruhestätte finden.
Janina ist auf dem Weg zur Arbeit. Sie putzt freitags immer bei Familie Hauser. Prenzlauer Berg, großzügige 5-Zimmer-Altbauwohnung. Sie sind rüber gekommen nach dem Mauerfall, um endlich mal für wenig Geld in einer tollen Altbauwohnung zu leben. Das war in Westdeutschland Ende der 80er Jahre so fast nicht mehr möglich. Herr Hauser hat dann auch schnell die Gelegenheit ergriffen und aus seiner Vorliebe einen Job gemacht. Er hat in Ost Berlin viele Wohnung gekauft, die er dann an die, die nicht so auf Zack waren wie er, weiterverkauft hat. Mit viel Gewinn. Aber das viele Geld hat der Familie kein Glück gebracht. Herr Hauser arbeitet viel und verbringt sehr wenig Zeit mit seiner Frau und den Kindern. Seine Frau kümmert sich um die beiden Jungs, trimmt sich selbst auf Hochglanz und gibt viel Geld aus. Darüber kriegen sich die Ehepartner immer wieder in die Haare. Er beschwert sich, dass das Konto immer geschröpft wird, sie schreit ihn an, weil er nicht mehr Zeit zu Hause verbringt. Er hat eine Freundin. Die auch in so einer schicken Altbauwohnung wohnt, die er ihr vermittelt hat. So haben sie sich kennengelernt. Da putzt Janina auch.  In dieser Wohnung liegen total viele Steine rum. Die Frau ist Archäologin und hat ein Faible für sehr alte Knochen und Steine. In dieser Wohnung fühlt Janina sich wohl. Sie blättert immer gerne in den Katalogen, die neben den Steinen, Muscheln und Knochen den Rest der Regale bedecken.  Richtig gut gefallen ihr die weiblichen Figuren, oft Venus oder Eva genannt. Mit ausladenden Brüsten, einem Trommelbauch und riesigen Pobacken. So sieht sie auch aus. Wenn sie so eine Figur im Katalog betrachtet, findet sie das in Ordnung. Ihr Spiegelbild dagegen macht ihr Angst.
Janina seufzt. Leider fährt sie jetzt nicht in die Steine Wohnung, sondern in die Familienidylle.
Als sie in die Straße einbiegt, sieht sie den Krankenwagen vor dem Haus stehen und versteht sofort. Bei Hausers gab’s handfesten Streit. Sie beginnt zu laufen. Am Krankenwagen angekommen, versucht sie einen Blick hineinzuwerfen. Zwecklos. Sie geht in den Flur und die Treppe hoch. Die Wohnungstür steht offen. Sie geht hinein, wird aber sofort von einem Mann gestoppt. Weil sie nur die Putzfrau ist und nicht zur Familie gehört, wird ihr nichts gesagt. Sie soll nach Hause gehen. Man wird dafür sorgen, dass sie Bescheid bekommt. Putzen muss man jetzt nämlich ganz dringend in der Wohnung. Überall Scherben und Blut. Janina erkundigt sich nach den Kindern. Bei den Großeltern, lautet die Auskunft.
Sie verlässt das Haus und schlendert die Straße hinunter. Erst ziellos, sie muss sich erst an die unverhoffte Freizeit gewöhnen. Da fällt ihr Blick auf ein Plakat. Völkerkundemuseum Berlin-Dahlem. Eva-Janina-Venus.

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