Tageblog 19. November 2016

19. November 2016   Kunstauktion für moderne und zeitgenössische Kunst durch Dr. Andreas  Sturies in Düsseldorf

Es geht los. Der Auktionär stellt das erste Kunstwerk vor. Von Anatol. Ein Bleikasten mit Wachsobjekt. Niemand interessiert sich. Abgang. Das nächste wird vorgestellt. Wieder kein Interessent. Aber dann. Namen mit Gewicht. Baselitz, Bayrle, Becher, Beuys. Die Kunstwerke wechseln schnell die Besitzer. Besonders schön:

ein Schallplattencover von Beuys    Sonne statt Reagan 

mein Beitrag zur aktuellen Lage       Trump der Lump

Dann erscheint das Objekt meiner Begierde. Der Flaschentrockner von Marcel Duchamp. Ein Ready-Made von 1990. Ich kann es ersteigern. Es geht ganz einfach. Es gibt nicht viele Mitbieter. Juju, meins! Danach bin ich total abgelenkt, weil ich so eingenommen bin von meinem ersten Versteigerungskauf. Ich passe wieder auf bei Graubner. Das würde mir auch gefallen. Aber leider übersteigt das mein Budget. Ein leichter rosa-violetter Farbkörper, der mich an eine Qualle erinnert. Eigentlich bin ich Quallen gegenüber skeptisch eingestellt, über dieses Kunstwerk wäre eine Annäherung möglich. Das muss warten.
Ein  Pastell von Leiko Ikemura. Mir gefällt die Farbigkeit von Brauntönen und Königsblau. Die Formen lassen mich an eine Kartoffel, eine Hähnchenkeule und einen kleinen Fisch in Form eines Kochs mit Schürze denken. Nein, zu viel Essen. Ich mache gerade Weight Watchers. Jemand anders wird es sich an die Wand hängen. Weiter geht’s. Mit Imi Knöbel. Gefällt mir richtig gut. Schöne Farben und einfache klare Formen. Das finden noch mehr Leute. Wird mir zu teuer. Mache ich mir selbst. Einen Imi Knöbel. Es folgt Druckgraphik von Käthe Kollwitz. Nix für mich. Kann ich in Ruhe vorbeiziehen lassen. Dann folgt ein Blatt von Raoul Hausmann. Eine farbige Radierung, die im schwarz-weiß gedruckten Katalog ganz unspektakulär daher kommt. Mich trifft der Schlag. Hommage à Marcel Duchamp. Eine wunderbare Arbeit. Ein Druck in zwei Blautönen und Schwarz auf leichtem Kupferdruckpapier. Der Flaschentrockner. Ich hebe die Hand. Das Blatt muss ich haben. Ich höre gar nicht zu. Recke wieder meinen Zettel mit meiner Zahl in die Höhe. Ich hab’s. Wieviel? Jetzt ist die Auktion für mich vorbei. Ich stehe auf und gehe nach draußen. Der erste Herbststurm tobt und zerrt an meinem Mantel, meinen Haaren und meinem Glück. Ich lasse mich zum Tanzen einladen und fliege mit dem Wind über den Parkplatz. Mein Tanzpartner zieht weiter und drückt mich die Stufen hoch zurück in das Gebäude. Durchgelüftet mit klopfendem Herzen gehe ich zurück zu meinen Kunstwerken.

graubner-knoebel

Ulla Hiltl/frei nach Imi Knoebel  Ohne Titel

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