19. August 2018

Auf ein Bier mit Horst

Und ewig schweigen die Täter

Ich sitze am Küchentisch und lese die Zeitung. Was ich da lese, lässt mich an meinen Biervorrat im Kühlschrank denken. Ist er ausreichend? Dieter wird vorbeikommen und mit mir diese unsägliche Meldung erörtern. Er wird sie zerpflücken, auseinanderreden, zusammenschieben, lüften, drehen, wenden. Es wird alles nichts nützen, verstehen werden er und ich sie trotzdem nicht.

Die Menge an Bierflaschen ist ausreichend, für mich lege ich noch eine Flasche Weißwein in die Kühlung und stelle das Gerät auf superfrost. Es kann nicht mehr lange dauern bis Dieter sich bemerkbar macht. Er wird auf dem Rückweg seiner Hunderunde einen Grund finden, bei mir zu klingeln.

Als es schellt, habe ich das Tablett mit den Gläsern und den Schmalzbroten fertig, die Wasserschüssel für Horst steht auch schon bereit.

Da sind Sie ja endlich. Ja, Horst kann mit reinkommen.

Ich kann es nicht glauben poltert Dieter auch schon los welcher Teufel ist in die Priester gefahren? Da warnen die immer vor der großen Versuchung, der man nicht erliegen soll. Dass man in Teufels Küche kommt, wenn man schwer sündigt. Klar wollen die die Sünden von uns fernhalten, sonst würden wir vielleicht in der Küche stehen und sehen, dass der Priester schon längst da ist. Vom Teufel nicht zu unterscheiden. Wie kann die Kirche jetzt wieder nur Bedauern aussprechen? Scham empfinden? Wahrscheinlich haben die solange gewartet bis die ganze Sache an die Öffentlichkeit gebracht wurde, weil dann die meisten Täter schon verstorben sind und und die meisten Taten auch schon verjährt. Da kann die Kirche  – leider – niemanden mehr zur Rechenschaft ziehen. Über 70 Jahre mehr als 1000 bekannte Fälle von Missbrauch. Ist ja klar, dass das viel mehr waren. Und die pädophilen Schweine wurden von ihren Vorgesetzten gedeckt. Und in’s nächste Kaff versetzt, wo es noch mehr Kinder zu schänden gibt.

Ich ersetze die leere Bierflasche gegen eine volle. Dieter trinkt aus der Flasche, für kultiviertes Trinken aus dem Glas bietet das Thema keine Veranlassung. Ich würde mir auch am liebsten die Flasche an den Hals setzen, tausche stattdessen mein Weinglas gegen ein Weizenbierglas und mache es halbvoll.

Prost Dieter sage ich, als ich mein Glas gegen seine Flasche stoße bin ich froh, dass nicht jeden Tag so eine Meldung in der Zeitung steht. Dieter schaut mich an Glauben Sie bloß nicht, dass das bedeutet, es gäbe die Taten nicht. Bis sowas aufgedeckt wird, dauert das eine Ewigkeit. Da kennen die Katholiken sich ja auch mit aus. Mit der Ewigkeit. Wahrscheinlich passiert es gerade in diesem Augenblick irgendwo auf der Welt unterm Priestermantel. Sollen die doch ornanieren bis ihnen das Ding abfällt.

Ich trinke einen großen Schluck und noch einen hinterher.

Dieter nimmt sich ein Schmalzbrot. Er beißt ab, kaut und legt die angebissene Brotscheibe zurück. Haben Sie noch etwas Salz? Ich nicke, hole den Salzstreuer aus der Küche, setzte mich wieder und leere mein Glas. Der Hundespaziergang scheint eine ausreichende Länge gehabt zu haben, Horst liegt wie erschlagen unter dem Tisch und muss auch nicht trinken. Hat der das gut, denke ich. Horst hat keinen blassen Schimmer von der katholischen Kirche und ihren fehlgeleiteten Priestern, Diakonen, Bischöfen und sonstigem Personal.

Dieter, was meinen Sie? Zieht die Institution Kirche durch ihre verdeckten Strukturen pädophile Männer an? Oder fördern die Strukturen und der Zölibat eine krankhafte Entwicklung von Sexualität? Und überhaupt, diese Dichte von Männern. Ähnlich wie im Militärwesen. Auch hauptsächlich Männer. Was Gutes ist da auch noch nicht rausgekommen.

Da bin ich jetzt wohl mehr bei meinem Thema angekommen. Ich hole die zweite Flasche Wein und stelle superfrost aus. Dieter noch ein Bier? Ich habe aber auch guten Schnaps. Einen Obstbrand aus der Steiermark oder Marillenschnaps aus Ungarn. Wie wär’s?

Ja, da sage ich nicht nein, nein. Ich haue mich gleich eh auf’s Ohr zum Mittagsschlaf. Da ist das ein guter Schlaftrunk. Gerne Marille.

Ich stelle zwei Pinnchen auf den Tisch und schenke ein.

Ehrlich gesagt, glaube ich, da muss Mann schon irgendwie ein besonderes Verhältnis zu seinem Körper, zum Sex, zum Leben haben, wenn Mann eine Karriere innerhalb der katholischen Kirche anstrebt. Auf Kinder stehen muss Mann ja nicht unbedingt, ich finde die könnten es untereinander treiben. Damit tun sie niemandem weh, allerdings diese komische Erfindung des Verzichts auf Sex gibt’s dann immer noch, was soll das eigentlich?

Horst ist mittlerweile aufgestanden und läuft schnüffelnd durch das Zimmer. Die Katzen sind nicht da, Horst. Die liegen tagsüber immer im Schuppen. Bereitwillig lässt er sich von mir streicheln und sinkt wieder zufrieden grunzend auf Dieters Füßen zusammen.

Hier, Dieter, hören Sie was zum Zölibat geschrieben steht. Ich habe „Zölibat“ an meinem Laptop gegoogelt und lese vor:

Verpflichtung in der lateinischen Kirche

In der lateinischen Kirche (Westkirche) ist der Zölibat gemäß Canon 277 § 1 des Codex Iuris Canonici für angehende Priester mit der Weihe zum Diakon kirchenrechtlich grundsätzlich verpflichtend. Eine ausnahmsweise Dispens von der Zölibatsverpflichtung ist dem Papst vorbehalten.

„Die Kleriker sind gehalten, vollkommene und immerwährende Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen zu wahren; deshalb sind sie zum Zölibat verpflichtet, der eine besondere Gabe Gottes ist, durch welche die geistlichen Amtsträger leichter mit ungeteiltem Herzen Christus anhangen und sich freier dem Dienst an Gott und den Menschen widmen können.“

Codex Iuris Canonici[5]

Das Zölibatsversprechen stellt somit eine Vorbedingung für die Priesterweihe dar.

Was? Himmelreich? Dieter schenkt uns Schnaps nach und prustend prosten wir uns zu. Aus Himmelreich wird Pimmelreich. Ist ja ein Schenkelklopfer. Vielleicht haben die auch „Dienst am Menschen“ falsch verstanden. Muss denen mal erklärt werden. Die geistlichen Armutsträger. Noch ein Schnaps. Bereitwillig kippe ich Marillenschnaps nach.
Ne besondere Gabe Gottes. Ja, da kann wohl nicht jeder der Beschenkten was mit anfangen.

Dieter starrt vor sich hin und tätschelt Horst den Rücken. Dann steht er leicht taumelnd auf Puh, ich weiß nicht, ich werde ganz schön müde, Frau Nachbarin. Ich muss mich jetzt verabschieden. Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft. Nächstes Mal bringe ich was mit. Bis  dahin. Komm Horst, wir gehen. Der Hund ist schon schon aufgesprungen und läuft schwanzwedelnd zur Tür. Als die beiden durch die Tür sind, dreht Dieter sich herum und sagt Wissen Sie, richtiger guter Sex, das ist doch das Himmelreich, oder? Er kniept mir zu: Nix für ungut.

Ohne abzuräumen lege ich mich aufs Sofa und denke über meine Definition von Himmelreich nach.

 

 

 

 

9. August 2018

9. August 2018 US- Forscher stellen fest, dass Männer die Boxershorts tragen, mehr Spermien haben als Männer die engsitzende Unterhosen bevorzugen

Be aware of tight underwear

Männer, die Boxershorts tragen, haben mehr Spermien als die Männer, die auf eng sitzende Unterhosen abfahren. Das hat eine Untersuchung unter Männern ergeben, die wegen unerfülltem Kinderwunsch eine Klinik aufgesucht hatten. Da so viele Faktoren dabei eine Rolle spielen, stellt die Form der Unterhose wahrscheinlich eher einen kleinen  Baustein in diesem Puzzle da. Aber die Temperatur der Hoden ist relevant und denen wird es bestimmt wärmer in einer engen Umgebung als beim lockeren umherbaumeln.

Ich nutze diese Information jetzt gegen unerwünschten Kindersegen. Die karierten und farbigen Boxershorts meiner Söhne habe ich ausgetauscht gegen engsitzende, voll coole schwarze Unterhosen von Calvin Klein, Hugo Boss und Hanes. Außerdem habe ich ihnen eine wollene Matratzenauflage unter das Betttuch gelegt. Selbstverständlich liegen auch Wollkissen an ihrem Platz am Esstisch. So oft es geht, setze ich ihnen eine Katze auf den Schoß, damit sie das Fell durchkämmen. Sollte sich eine feste Beziehung anbahnen und ich bin immer noch für die Unterhosen zuständig, würde ich wieder auf die lockere Variante umsteigen.

 

8. August 2018

Auf ein Bier mit Horst

Höchststrafe

Klar, dass Horst heute seinen Hund in meinen Garten schickt. Er ihn lauthals ermahnt, nicht sein Geschäft in meinen Rabatten zu erledigen. Klar, dass ich das auch verhindern will und sofort mit einem Frühstücksbeutelchen bewaffnet zur Vordertür rausstürme.
Aber sowohl Herrchen als auch Hund stehen brav auf dem gepflasterten Gehweg und scheinen intensiv in die Betrachtung der Randsteine zwischen Beet und Steinplatten vertieft. Beide heben den Kopf als ich erscheine und mit fragendem Blick auf meine Grünflächen blicke. Hallo Frau Nachbarin ruft Dieter und der Hund wedelt mit dem Schwanz so ein Zufall.
Ich dachte ich hätte gerade etwas von „nix wie runter da, nicht in den Garten der Nachbarin…“ gehört. Darum wollte ich, sollte das Malheur schon passiert sein, Sie bei der Beseitigung desselben unterstützen
erwiderte ich.

Dieter schüttelt den Kopf. Hier ist alles clean, aber sagen Sie mal, die Richter in Staufen, sind die noch ganz sauber? Haben Sie das gelesen? 12 1/2 Jahre für die Mutter und 12 Jahre mit anschließender Sicherheitsverwahrung für den Freund der Mutter. Warum nicht die Höchststrafe? Was muss denn noch passieren, damit das Strafmaß ausgeschöpft wird? 15 Jahre wären möglich gewesen, warum weniger? Zumal die Zombiemutter noch nicht mal zur Aufklärung beigetragen hat, die hat ganz oft nix gesagt und auf ihr Verweigerungsrecht hingewiesen. Was ist denn das für eine Welt…

Dieter war merklich angegriffen. Dieter, wollen Sie auf einen Schluck Rosé auf meine Terrasse kommen? Habe ich Ihnen schon erzählt, dass mein Sohn in einem Weinladen jobt und mir jetzt ganz oft Wein vorbeibringt zum Verkosten? Er erwartet in kürzester Zeit eine Rückmeldung. Der Wein steht kalt und zu zweit trinkt es sich leichter, außerdem bekommt mein Sohn so noch eine zusätzliche Meinung.

Dieter schaut erst zu mir und dann zu seinem Hund. Horst, da muss ich dich wieder nach oben bringen, wenn ich die Einladung von Frau König annehmen soll. Ach lassen Sie, das geht schon in Ordnung. Horst kann vielleicht einfach im Garten liegen, was meinen Sie? Zur Not habe ich ja noch das hier sage ich und wedele mit den Plastiktüten.

Ich bin ja gar kein Weintrinker sagt Dieter, als das Glas Roséwein vor ihm steht Ich trinke das aber jetzt versichert er schnell, als er meinen irriterten Blick sieht. Das müssen Sie aber nicht, ich habe auch ein Bier kalt stehen, wenn Ihnen das lieber ist. Dieter guckt mich erleichtert an Wenn es keine Umstände macht…
Nachdem ich auch Horst eine Wasserschüssel in den Garten gebracht habe, trinke ich einen großen Schluck aus meinem Glas und schütte Dieters Wein dazu. Als Dieter sich den Schaum von den Lippen leckt, geht es auch schon weiter Was da alles strafmildernd angerechnet wird, dass der Kerl bereitwillig Auskunft gegeben hat, zur Überführung einzelner Täter beigetragen hat, er sich selbst bezichtigt hat und so weiter und na und? Das macht der doch nur, damit die glauben er ist gar nicht so ein mieser Kerl wie das gerade ausschaut. Das ist alles Berechnung. Geh mir weg mit so Typen, nur weil der jetzt auf lieb Kind macht, kriegt er nicht die Strafe die er verdient. Schöner Scheiß, und das eigentliche Kind? Wer denkt an das Kind, das ist doch bis an sein Lebensende gezeichnet und der Wichser kriegt Strafminderung! Ich bin damit überhaupt nicht einverstanden.

Mittlerweile ist Horst zu uns an den Tisch gekommen und leckt Dieter die Hand. Er tätschelt den Hundekopf und starrt versunken auf seine – leere – Bierflasche.

Ja Sie haben recht, ich habe mich auch gefragt, wie man einen vorbestraften Sexualstraftäter so in Versuchung führen kann. Ich stelle Dieter eine neue Bierflasche vor die Nase und schenke mir großzügig aus der Weinflasche nach. Ich nehme einen Schluck und lasse ihn geräuschvoll in meinem Mund hin und her fließen. Mein Sohn will schließlich eine Einschätzung. Ich hoffe das Thema der Unterhaltung beinflußt nicht meine Wahrnehmung. Da agieren die Behörden viel zu schwach. Wenn man dagegen ein herrenloses Gepäckstück entdeckt, oder jemand unerlaubt in den Sicherheitsbereich des Flughafens eindringt, wird sofort ein terroristischer Akt in Betracht gezogen und die ganze Maschinerie zum Schutz des Staates und seiner Bewohner wird in Gang gesetzt. Der Schutz eines einzelnen Kindes scheint ungleich schwieriger.

Horst ist aufgestanden und läuft Richtung Rosenbeet. Bevor er jedoch an Purple Rain das Bein heben kann, hat Dieter ihn schon zurückgepfiffen Horst, kommst du jetzt her. Hier wird nicht in die Blumen gepinkelt, hörst du. Frau Nachbarin, ich denke es wird eh Zeit, dass ich meine Hunderunde drehe. Vielen Dank für das Bier. Vielleicht kann ich mich ja mal revanchieren. Ich habe auch immer einen selbstgemachten Eierlikör auf Lager kniept Dieter mir zu. Und mit Blick auf die fast leere Weinflasche eine Flasche Wein treibe ich auch noch auf, wenn Sie lieber mehr mit weniger Alkohol mögen. Komm‘ Horst, wir sind durch die Tür. Ich finde den Weg schon, machen Sie sich keine Mühe.

Während die beiden sich trollen, gieße ich den Rest Rosé in mein Glas. Eine ganze Flasche Wein innerhalb einer halben Stunde. Ich lege mich aufs Sofa und denke über das Urteil von Staufen und den Wein nach. Beides nicht nach meinem Geschmack.